Gleich vier Mal hat Brandenburg am 12. Juli gefeiert: Bad Belzig, Bernau, Neuruppin und Luckenwalde standen im Zeichen des Christopher Street Day. Für Teltow-Fläming eine Pride-Premiere. Daher gab sich Marian Willi Beyer, Mitglied des neunköpfigen Organisationsteams des CSD Luckenwalde, wohl zunächst eher bedeckt in seinen Erwartungen: „Wir rechnen mit 300 Menschen zum Demo-Umzug – und sind stolz, wenn es mehr werden!“
Es wurden mehr. Über 500 Menschen setzten sich zur Mittagszeit vom Bahnhof der Kreisstadt aus in Bewegung, vorbei an Markt und Kreishaus, wo seit Tagen die Regenbogenfahne weht, in Richtung E-Werk. Gut zwei Stunden und gut zwei Kilometer bei Nieselregen, der sich nicht als Stimmungskiller behaupten konnte – immerhin lautete das Motto: „Lasst es glitzern!“.

Der Kreis-Kinder-und-Jugendring hat den ersten CSD in Luckenwalde gemeinsam mit SJD – Die Falken Brandenburg, dem Aktionsbündnis Jüterbog, der Solidarischen Perspektive TF und weiteren Initiativen organisiert. Die Partnerschaft für Demokratie Teltow-Fläming hat die CSD-Premiere in Luckenwalde finanziell möglich gemacht.
Das Motto auf dem Kampagnenfahrzeug „Aufruhr, Widerstand – wir sind ein queeres Hinterland“ machte noch einen anderen Anspruch deutlich: Queeres Leben ist auf dem Land ebenso zu Hause wie in Metropolen – nur häufig stärker gefährdet. So ging es in Luckenwalde auch darum, die wachsende Queerfeindlichkeit in ländlichen Regionen zu benennen und Sichtbarkeit zu zeigen – getreu der Forderung, die beim CSD im 80 Kilometer entfernten Bernau mitgeführt wurde: „Queer bleibt hier!“.



In Luckenwalde zeigte die Polizei deutlich Präsenz, und im mitgeführten Bürgerbus des Landkreises hätten Menschen Hilfe erhalten, wenn sie Opfer von Übergriffen aus der rechten Szene geworden wären. Doch die blieben aus. Die Forderung aus der queeren Community im Landkreis bleibt bestehen, hier einen Treffpunkt zu etablieren, der ohne Sorge um die persönliche Sicherheit aufgesucht werden kann und zugleich Beratungsangebote bereithält zu allen Fragen queeren Alltags in Teltow-Fläming.
Am alten E-Werk angekommen, verwob sich die CSD-Demonstration mit dem Sommerfest des Zentrums für zeitgenössische Kunst. Das Fest bot eine Fülle von Musik- und Kulturdarbietungen auf mehreren Bühnen, Pavillons und Infoständen, Workshops, Diskussionen und Zeitzeugengespräche im angrenzenden alten Stadtbad. Die sogenannte Regenbogen Riot-Bühne war vornehmlich queeren Darstellern überlassen, während die Stadtbad Live! Bühne der „kulturellen Intervention“ brandenburger Künstlerinnen und Künstlern vorbehalten war.
Bis April konnten sich Interessenten aus der Kunstwelt um eine Aufführung beim Sommerfest bemühen und damit ihre Anregungen für die künftige Nutzung des seit Jahren geschlossenen denkmalgeschützten Stadtbads vortragen. In drei Jahren soll neues – kulturelles – Leben in das dann sanierte Gebäude einziehen – zum hundertsten Jahrestag seines Erbaus. Vielleicht wird der CSD 2028 dann wieder hier seinen Ausklang nehmen.