TikTok statt Tagesschau

Die extreme Rechte buhlt um Follower und ist wenig zimperlich bei der Wahl der Mittel. Besonders gut klappt das in den Sozialen Medien, auf vermeintlich unpolitischen Plattformen. Hier lassen sich vor allem junge Leute schnell begeistern, nicht zuletzt auch durch den Einsatz äußerlich vielversprechender Influencerinnen.

Wie selbstverständlich, in Wirklichkeit mit Hilfe von Algorithmen, hängen die Verführten schnell in einer rechtsideologischen Blase und finden kaum noch heraus. Wie und in welchem Ausmaß das auf Instagram gelingt, haben die Essener Faktenchecker von „correctiv“ kürzlich analysiert.

Mindestens genauso erfolgreich agiert die rechte Szene auf TikTok, das in Deutschland von fast 20 Millionen Nutzern regelmäßig angeklickt wird. Über 40 Prozent von ihnen sind Jugendliche. Wer die rechtsextremen Akteure auf TikTok sind und wie sie auftreten, um junge Nutzer zu beeindrucken, beschreibt „Belltower News“, eine Plattform der Amadeu Antonio Stiftung, in einer dreiteiligen Untersuchung. Es geht insbesondere um den Bombast des Auftritts, eine bildgewaltige Kommunikationssprache, mit der die radikalen Botschaften verstärkt werden sollen.

Verschärfend wirkt sich aus, dass die Sozialen Medien für viele Jugendliche zum Ersatz für herkömmliche und verlässliche Nachrichtenquellen geworden sind. Ein Drittel der 14- bis 24-Jährigen lässt sich von öffentlich-rechtlichen Medien kaum noch erreichen. Sie fühlen sich nicht angesprochen. Etablierte Medien lieferten keine Berührungspunkte zur eigenen Lebenswelt, so Leonie Wunderlich und Sascha Hölig in einer Studie des Hans-Bredow-Instituts. Als Haupt-Informationsquelle diene ihnen TikTok, gefolgt von Instagram und YouTube.

Die großen Social-Media-Plattformen sind zu „ziemlich unangenehmen Orten“ geworden, heißt es im Magazin der Denkfabrik 1E9. Sie produzieren Fake News, rufen zu Gewalt auf, geben unstatthaft einfache Antworten auf komplexe Probleme. Sind sie dennoch zu retten?, fragt Chefredakteur Wolfgang Kerler und antwortet mit einem klaren Ja: „Social Media ist kaputt, muss es aber nicht bleiben“. Er macht Vorschläge, wie es gehen könnte.

Jung und rechts?
Bei den jüngsten Landtagswahlen in Hessen und Bayern haben erstaunlich viele junge Leute AfD gewählt. Was das mit einer ausgefeilten Social-Media-Strategie
der Partei zu tun haben könnte, erläutert der Politikwissenschaftler und
TikTok-Experte Marcus Bösch. (weiter
(Foto: Solen Feyissa/Unsplash)

Zum Thema Rechtsextremismus und Gaming siehe auch „Gaming: Nicht nur spielen“