Frauen machen Staat

Aus Anlass der 33. Brandenburgischen Frauenwochen lädt die Partnerschaft für Demokratie gemeinsam mit den Büro für Chancengleichheit zu einem Aktionstag nach Luckenwalde ein. In der Turbinenhalle des alten E-Werks wird es am Abend des 24. März bei einer Podiumsdiskussion um das Thema Frauen in der Kommunalpolitik gehen. 2023 ist das Jahr der Kommunalwahlen und so stellen die Veranstalterinnen der diesjährigen Frauenwochen auch zur Debatte, warum Frauen in politischen Gremien immer noch weitaus seltener vertreten sind als Männer.

Eine paritätische Frauenquote sähe anders aus: 14 Prozent der brandenburgischen Landkreise werden von Frauen geleitet. Das ist weniger als der durchschnittliche Anteil von Frauen im Potsdamer Landtag und den Kreistagen: rund ein Drittel. Je ländlicher es in den Landkreisen zugeht, desto mehr Männer bevölkern die politischen Gremien. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung hat das im vergangenen Jahr festgestellt. Will heißen, ätzt eine rbb-Kommentatorin zur Lage: „Je weiter der Kreistag von Berlin oder Potsdam entfernt ist, desto mehr Männer sitzen drin.“

Da wirkt es schon versöhnlicher, einmal einen Blick ins Zentrum zu werfen. 38 Prozent Staatssekretärinnen sind in Potsdamer Ministerien beschäftigt. Satte 60 Prozent Ministerinnen sitzen in den oberen Etagen der Landespolitik. Und was die Zahl der Bürgermeisterinnen in den Rathäusern des Landes angeht, liegt Brandenburg mit 19 Prozent sogar über dem Bundesdurchschnitt.

Glückliches Brandenburg? Eher nicht. Aber es gilt im Bundesland auch längst nicht mehr, was die CDU-Politikerin Helene Weber am 2. Dezember 1949 der männlichen Überzahl im Deutschen Bundestag zurief: „Der reine Männerstaat ist das Verderben der Völker.“ Immerhin, die praktizierende Katholikin war eine der vier Mütter des Grundgesetzes. Und vier Jahre nach Ende von Weltkrieg und Nazi-Faschismus wusste sie wohl, wovon sie sprach.

Zurück in die kommunale Wirklichkeit. Aktive Politikerinnen aus Kreis und Gemeinden sowie ebenso aktive Frauen, die sich der Förderung von Fraueninteressen verschrieben haben, werden zur Diskussion im Luckenwalder E-Werk erwartet. Also wird es nicht darum gehen, die Widrigkeiten der Geschlechtergerechtigkeit zu beklagen, als vielmehr vor allem darum, wie Frauen bestärkt werden können, den Schritt in die Kommunalpolitik zu wagen und hier Positionen zu besetzen.

„Wenn sich der Frauenanteil in der Brandenburger Politik insgesamt erhöht,
erweitern sich die Perspektiven auf Inhalte, Diskussionen werden facettenreicher geführt,
Gelder werden anders verteilt, Posten gleichberechtigter besetzt,
und die politische Kultur verändert sich.
Das sind zentrale Anliegen für jede moderne Demokratie im 21. Jahrhundert,
und sie bilden erst den Anfang.“
(aus der Studie FRAUEN MACHT BRANDENBURG)

Der Verein „Frauen aufs Podium“ etwa. Die Initiative der Politologin Bettina Praetorius hat sich vorgenommen, „mit praktischen Programmen aktiv politisch engagierte und interessierte Frauen zu unterstützen“. Sie verbindet damit nicht nur, mehr Frauen für die Politik zu gewinnen, sondern auch einen Beitrag gegen Politikverdruss zu leisten. Das ist auch das Ziel des Projekts „Vielfalt, Teilhabe, Parität“ beim Frauenpolitischen Rat in Potsdam. Leiterin Anna Emmendörffer setzt darauf, lokale Netzwerke zu knüpfen, Frauen für Teilhabe zu gewinnen bis „Entscheidungsgremien in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft paritätisch besetzt sind“.

Mit der Video-Kampagne „Von Nüscht kommt Nüscht – Lokalpolitik selber machen“ setzt das Projekt „Vielfalt, Teilhabe, Parität“ des Frauenpolitischen Rats ein Zeichen für mehr politische Teilhabe von Frauen.

Allheilmittel Parität? Nicht unbedingt, meint die Luckenwalder Stadtverordnete Anja Jünger, wenn auch ein Schritt in die richtige Richtung. Sie macht eher ein gesamtgesellschaftliches Problem aus, das in einem geringeren Engagement von Frauen in der Kommunalpolitik zum Ausdruck komme. Nesrin Jumaa, die vor acht Jahren aus Syrien nach Teltow-Fläming kam, und die angehende Wirtschaftsingenieurin Energie und Umweltressourcen Claire-Luise Heydick, die für die Grünen im Kreistag von Teltow-Fläming sitzt, gehen das Thema eher praktisch an. Während sich die eine um Beratung und Unterstützung für arabischsprachige Frauen kümmert, leistet die andere politische Arbeit in Ausschüssen und zivilgesellschaftlichem Engagement.

Die Podiumsdiskussion bietet eine Plattform für Frauen, die kommunalpolitisch aktiv sind oder sich für ein kommunalpolitisches Engagement interessieren – Austausch und Information.

Die Liste der Teilnehmerinnen an der von Maxie Wohlauf moderierten Gesprächsrunde zum Download

Nachtrag
Die Gleichstellungsbeaufragte der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow, Violetta Rehm (s.o.), wird nicht an dem Podiumsgespräch teilnehmen können. Als weitere Teilnehmerin konnte indes gewonnen werden: Ines Seiler.
Die diplomierte Geographin aus Baruth/Mark ist Kreistagsabgeordnete der SPD und begleitet Menschen beratend im beruflichen Alltag. Sie sagt: „Von Parität profitieren wir als Gesellschaft – im Beruf, in der Politik, in der Kultur, im Sozialen und im Privaten.“

Bildnachweise:
Teltow-Fläming; Blankenfelde-Mahlow.de; Margrit Hahn, Märkische Allgemeine; Grüne Teltow-Fläming; brandenburg.antragsgruen.de; WIR – Luckenwalde für Integration und Respekt (Plakat)
Titelfoto: Cover der FES-Studie FRAUEN MACHT BRANDENBURG