Wenn Busse und Bahnen pünktlich sind, wenn Brücken gefahrlos passierbar, das Internet schnell und Verwaltungshürden eingerissen sind, dann klappt’s auch mit der Demokratie. Ganz so einfach wird es wohl doch nicht sein. Aber das Kiel Institut für Weltwirtschaft hat in einer Studie ermittelt: „Regionalpolitik wirkt gegen Populismus.“ Lassen sich Wähler der extremen Rechten zurückgewinnen, wenn man ihnen eine besser funktionierende Infrastruktur bietet?
In einer Studie zeigen die Wirtschaftswissenschaftler Robert Gold aus Kiel und Jakob Lehr von der Universität Mannheim, dass in strukturschwachen Regionen der Europäischen Union Investitionen durchaus dazu beitragen können, den Stimmenanteil rechter Parteien nennenswert zu senken. Der Grund: Das Vertrauen in demokratische Institutionen nimmt zu, die Menschen fühlen sich wahrgenommen, die Unzufriedeheit mit den Institutionen nimmt ab.
In einem Interview stellt Robert Gold fest: „Jetzt wissen wir: Die Unzufriedenheit vieler Menschen mit der Politik lässt nach, wenn sie spüren, dass in die marode Infrastruktur oder die Industrie vor Ort investiert wird. Das gilt EU-weit und entsprechend auch für Deutschland.“

Gold, R., Lehr, J.,
Paying off Populism: EU-Regionalpolitik verringert Unterstützung populistischer Parteien
Kiel Policy Brief 172, April 2024
siehe auch
„Die Lockerung der Schuldengrenzen der Länder kann die AfD schwächen“ (Frankfurter Rundschau)
In eine vergleichbare Richtung weist eine Initiative des Ostbeauftragte der Bundesregierung. Carsten Schneider wirbt ebenfalls für eine stärkere Förderung wirtschaftlich benachteiligter Regionen in Deutschland. Ein Fünfpunkteplan des SPD-Politikers stellt fest: Menschen in diesen Gegenden empfinden die Gesellschaft „häufiger als sozial ungerecht. Entsprechend größer ist die Neigung, populistische oder rechtsextreme Parteien zu wählen. Eine Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse stärkt somit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie.“
Zudem betont Schneider die Rolle einer aktiven Zivilgesellschaft, die sich auf Gebieten engagiere, aus denen sich staatliche Stellen häufig zurückgezogen haben. Die Verwaltungen sind aufgerufen, Unterstützung zu leisten und Fördermittel bereitzustellen.
Außerdem wird vorgeschlagen, „Antragsprozesse schlanker, einfacher und schneller zu machen, die inhaltlichen Vorgaben zu öffnen, um mehr kreative und innovative Ideen zu fördern und den Bürokratieaufwand bei der Beantragung, Durchführung und Abrechnung der Projekte zu verringern.“