Brandbrief an die Politik

Die Landgemeinde Nuthe-Urstromtal im Kreis Teltow-Fläming ist Deutschlands flächengrößte Kommune ohne Stadtrecht. Mit nur knapp 7.000 Einwohnern spielt sie im Konzert der Gemeinden bundesweit eine demographisch eher bescheidene Rolle. Der seit 2017 amtierende Bürgermeister Stefan Scheddin hat jetzt eine „Denkschrift“ verfasst, deren Adressaten längst nicht nur seine über 300 Facebook-Follower sind, vielmehr wendet er sich an die Abgeordneten der deutschen Landtage, an Bundestags-Mitglieder und an Parlamentarier des Europa-Parlaments in Straßburg.

Scheddin treibt die Sorge um, dass auf dem Land die Voraussetzungen fehlen, bei steigenden CO2-Preisen mithalten zu können. Zumal der Gemeindehaushalt ohnehin immer größere Aufgaben verlange, obwohl die kommunalen Einnahmen kaum steigen. Dabei zweifelt der Gemeinde-Chef den ökologischen Nutzen der staatlichen Reformvorhaben und der angestrebten Klimaneutralität nicht an. Vielmehr fehlt es nach seinem Eindruck an einer „klaren und transparenten Kommunikation darüber, was diese Veränderungen für uns alle bedeuten werden“.

In einer ersten Resonanz auf seine „Denkschrift“ fand der Verwaltungschef auf seinem Facebook-Auftritt vornehmlich Zustimmung. Zugleich vermuteten manche Kommentare, sein „Hilferuf“ (Märkische Allgemeine) werde bei den Adressaten wohl mehr oder weniger klanglos verhallen.

Das noch von der Ampel-Regierung geplante Klimageld, das den privaten Haushalten Entlastung bieten soll, ist noch in weiter Ferne. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte zur Bundestagswahl ein „100-Tage-Programm“ angeregt, das die künftige Bundesregierung unmittelbar nacht Amtsantritt in die Tat umsetzen solle. Darin sind Entlastungen vorgeschlagen, wie sie Nuthe-Urstromtals Amtschef für seine und andere ländliche Gemeinden wohl ebenfalls vorschweben.

Dabei geht Scheddin noch einen Schritt weiter, wenn er „die soziale und wirtschaftliche Stabilität in Deutschland vor allem auf dem Land bedroht“ sieht. Wenige Tage vor der Bundestagswahl schrieb er in seinem Brandbrief, derart wachsende Belastungen „fördern nicht nur Unzufriedenheit, sondern treiben immer mehr Menschen an den politischen Rand“.

Jener ‚Rand‘ hat nicht nur in Nuthe-Urstromtal am 23. Februar Aufwind erhalten und dem demokratischen Miteinander einen Hieb versetzt. „Ihre Verantwortung ist es“, ruft Scheddin die Politik schließlich auf, „dafür zu sorgen, dass unsere Gesellschaft auch in Zukunft zusammenhält und nicht weiter auseinanderdriftet.“